Queen: Weihnachtsansprache im Englisch der Mittelklasse
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In die Weihnachtsrede der Queen mischt sich immer mehr die Sprache des einfachen Volkes. Foto: epa
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Von Christoph Sator

In die Reden von Elisabeth II. hat sich die Umgangssprache eingeschlichen.
London.
(dpa) Es gibt nicht viele Leute auf der Welt, die in ihrem Leben mehr
Weihnachtsansprachen gehalten haben als die Queen. Einige Pfarrer
vielleicht, und womöglich auch das eine oder andere Familienoberhaupt.
Seit mehr als einem halben Jahrhundert wendet sich Königin Elizabeth
II. zu Weihnachten an die Nation. Ein Christtag ohne "Queen’s Speech"
um 15 Uhr – das wäre für die Briten, als ob sie zum Fest auf Truthahn
oder Christmas Pudding verzichten müssten. Die gute alte Tradition der
Festansprachen hat jetzt ein Wissenschafter untersucht.
Der Münchner Professor Jonathan Harrington besorgte sich bei der BBC
alle Weihnachtsreden seit 1952 und verglich die Bänder miteinander.
Ergebnis: Die Queen spricht längst nicht mehr so etepetete wie früher.
In ihr "Queen’s English" hat sich ein anderer Ton eingeschlichen – das
"Estuary English" ("Mündungsenglisch"), das auch in der britischen
Mittelklasse weit verbreitet ist.
"Die Queen betont Vokale heute ganz anders", sagt der 48-jährige
Engländer Harrington, der an der Münchner
Ludwig-Maximilians-Universität Phonetik lehrt. In der ersten Ansprache
1952 beendete Elisabeth II. ihre Rede zum Beispiel noch mit "Happay
Christmas". Heute sagt sie "happee". Die "dutay" ("duty", die Pflicht)
ist nun die "dutee".
Aussprache wie die meisten BBC-Sprecher
Auch das "home", das Heim, spricht sie heutzutage aus wie die meisten anderen Engländer – und nicht mehr "hame" wie früher.
Die Bezeichnung "Mündungsenglisch" für diese Sprechweise kommt
daher, dass im Mündungsgebiet der Themse schon lange so gesprochen
wird. Inzwischen reden viele so, zum Beispiel die meisten Sprecher der
BBC und auch Premier Tony Blair, der eigentlich aus Schottland kommt.
"Und auch die Queen hat sich einiges davon zu Eigen gemacht", sagt
Harrington. "Früher wäre das undenkbar gewesen. Aber das hat damit zu
tun, dass die Unterschiede zwischen den sozialen Klassen heute nicht
mehr so ausgeprägt sind."
Und vielleicht auch mit dem TV: Bekannt ist, dass die Königin ganz
gern die eine oder andere Vorabend-Serie einschaltet, wo nicht
unbedingt so gesprochen wird wie in Adelskreisen üblich. Abgesehen
davon vollzieht die Queen nur nach, was vor allem in London schon vor
einigen Jahren passiert ist. Auf der Straße hat sich aufgrund der
vielen Einwanderer ein Einfach-Englisch eingebürgert, das die Putzfrau
aus Polen ebenso versteht wie der U-Bahn-Fahrer aus Pakistan und der
österreichische Tourist.
Montag, 18. Dezember 2006