| 22.12.06, 06:00 |
Die Sprache der Queen hat sich verändert. Die britische Königin parliert längst nicht mehr so elegant wie früher.
Wie vornehm bei den Royals gesprochen wird, veranschaulichte vor
wenigen Tagen der US-Fernsehsender CBS. Ein Interview mit den Prinzen
William und Harry war für die Amerikaner offenbar so schwer zu
verstehen, dass es die Verantwortlichen für ihre Zuschauer kurzerhand
untertitelten. „Auch wenn sie das Englisch eines Königs sprechen, reden
sie sehr schnell, so wie alle Teenager“, erklärte CBS-Moderatorin Katie
Couric.
Sprache hat sich verändertDass sich die Sprache
der Adeligen in Großbritannien der des Volkes dennoch zunehmend
annähert, hat jetzt Jonathan Harrington herausgefunden. Der
Phonetik-Professor an der Universität München sah sich für eine
wissenschaftliche Untersuchung alle Weihnachtsansprachen von Queen
Elizabeth II. seit 1952 an und verglich die Reden, mit denen sich das
Staatsoberhaupt traditionell am ersten Feiertag an das Volk wendet. Das
Ergebnis des Forschers: Die Sprache der Queen hat sich in den
vergangenen fünf Jahrzehnten verändert. Die Königin spricht längst
nicht mehr so piekfein wie früher.
„Dutee“ statt „dutay“
„Die Queen betont Vokale heute ganz anders“, sagt der 48-jährige Brite
Harrington. Die Wörter „duty“ (Pflicht) und „city“ (Stadt) sprach die
Queen Harringtons Studie zufolge früher als „dutay“ und „citay“,
mittlerweile sage sie jedoch „dutee“ und „citee“. Auch betone Elizabeth
nicht mehr „hame“, sondern spricht das Wort „home“ (Heim) heute eher so
aus, wie es auch die meisten ihrer Untertanen tun. Und beendete die
Queen ihre Ansprache 1952 noch mit einem „Happay Christmas“, so klingt
es heute mehr nach „Happee“.
Zunehmend Mittelklasse-Niveau
Das feine „Queens English“ klingt also immer mehr wie der Dialekt
„Estuary English“, der heute von der britischen Mittelklasse gesprochen
wird. Das so genannte Mündungsenglisch hat seinen Ursprung im
Mündungsgebiet der Themse. Der Akzent der Queen klinge heute „etwas
weniger aristokratisch wie noch vor 50 Jahren“, sagt Harrington. Dabei
sei der Wandel aber sehr subtil und langsam abgelaufen. Die weit
weniger starke Ausprägung sozialer Klassen nennt der Professor als
Grund dafür.
Sprache ist ständigem Wandel unterworfen – und das nicht nur in
Adelskreisen. Noch größere Sprachveränderungen gibt es heutzutage bei
Menschen, deren Muttersprache nicht Englisch ist. Sie kommunizieren
immer häufiger in einem Einfach-Englisch, das Sprachforscher „Globish“
– zusammengesetzt aus den Wörtern „global“ und „English“ – genannt
haben. Franzosen, Mexikaner, Russen, Deutsche, eben alle, die eine
andere Muttersprache haben, benutzen häufig ein „Englisch light“.
Einfache Grammatikregeln, simpler Satzbau und wenige Vokabeln sind
dabei die Vorteile: mit gerade mal 1500 Wörtern soll der
Globish-Sprecher auskommen.
Entkoffeiniertes Englisch
Jean-Paul Nerrière, ein pensionierter IBM-Vizevorsitzender, hat sich
intensiv mit dem Sprachphänomen befasst. Der 66-jährige Franzose wollte
Menschen helfen, die Englisch nur als Fremdsprache beherrschen, besser
miteinander zu kommunizieren – besonders in Wirtschaftsbetrieben.
Anstatt damit zu kämpfen, das noble „Queens English“ zu meistern, solle
man sich auf Globish verständigen. „Entkoffeiniertes Englisch“ nennt
Nerrière die neue Sprachkonstruktion. Der Franzose hat zwei Bücher zu
dem Thema verfasst: „Don’t Speak English, Parlez Globish“ und
„Découvrez le Globish“ wurden Bestseller in Frankreich und sind auch in
anderen Ländern erschienen.
„Globish ist eine proletarische und beliebte Ausdrucksart, die nicht
darauf abzielt, dass ein Sprecher die Fähigkeit erwirbt, an der Hyde
Parker Corner zu glänzen“, schreibt Nerrière. Stattdessen sei Globish
dazu „entwickelt, immer, überall und mit jedem“ zu kommunizieren. Das
vereinfachte Englisch sei nunmehr so verbreitet, dass es auch Briten
und Amerikaner lernen sollten. Englisch sei nicht länger den
Muttersprachlern vorbehalten, erklärte Nerrière der Zeitung „Times“.
„Es gehört jetzt den Menschen in Singapur, Ulan Bator, Montevideo,
Peking und sonstwo.“
Natürlich spricht die
Queen nicht mehr wie vor 50 Jahren. Die englische Sprache ist doch
bekannt für ihre subtilen Veränderungen in der Aussprache. Ich denke,
jede Sprache verändert sich über die Jahrzehnte, also warum nicht auch
die Sprache der Queen. Noch eine Kleinigkeit: Der Herr mit dem Globish
(grauenhaft!), wurde er falsch zitiert? Es heißt Hyde Park Corner.
Soviel zur Sprachbeherrschung.